Verona, die Stadt der Liebe mit Romeo und Julia, die Stadt der grossen Opern in der römischen Arena oder einfach eine idyllische Stadt mit römisch-mittelalterlicher Altstadt, umschlungen von den Flussschleifen der Etsch. Wer nach Verona reist, tut dies kaum wegen der Bierkultur. Tatsächlich gibt es nur wenige Brauereien und explizite Bierlokale in der Stadt. Aber auch wer aus andern Gründen nach Verona reist, ist nicht verloren! Vielerorts gibt es eine eigene Bierkultur, die sich nicht in überbordenden Taprooms in zwanzig und mehr Zapfhähnen mit Bier aus aller Welt zeigt, sondern oft eher im Kleinen.
Zwei lokale Brauereien
In Verona selbst, einer Stadt mit rund 250'000 EinwohnerInnen, gibt es nur zwei Brauereien. Beide haben eine eigene Gaststätte, liegen aber an der Peripherie von Verona. Sie sind vom Zentrum aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln in rund einer halben Stunde erreichbar:
Birrificio della Scala, gegründet 2017, liegt im äussersten Westen zwischen den letzten Vororten der Stadt und dem riesigen Volkswagenwerk. Sie ist benannt nach der ehemaligen Herrscherfamilie, Della Scala, die von 1262 bis 1387 während 125 Jahren über die Stadt herrschte und deren Burgen und Befestigungen noch heute die Altstadt prägen. Die Verbundenheit mit Verona und dessen Geschichte und Kultur zeigt sich nicht nur im Namen und im Logo mit der Leiter, sondern auch bei den Namen der Biere, die nach Quartieren und Sehenswürdigkeiten oder auch mal nach einer Oper benannt sind: Le Regaste, Le Arche, San Zeno, Gran Guardia oder La Scaliera und La Traviata. Die Biere sind alle obergärig und von der belgischen, englischen und amerikanischen Braukultur beeinflusst. Neben IPA in verschiedenen Varianten findet sich auch ein Stout, eine Blanche und ein Belgian Strong Ale. Eine Verkostung der Biere lässt sich auch mit der Stadtbesichtigung verbinden. So stehen sie zum Beispiel auf der Karte des Restaurants auf dem Berg beim Castel San Pietro, das wegen der umwerfenden Aussicht über die Stadt sowieso ein Muss ist bei einem Veronabesuch.
Birrificio Mastro Matto wurde 2014 im Umland von Verona geründet und hat sich nach zweimaligem Umzug im Juni 2021 im Gewerbe- und Industriegebiet im Südwesten von Verona niedergelassen. Neben einem Betriebsgebäude mit einer 5 hl-Brauanlage, Gär- und Lagertanks sowie einer Abfüllanlage, bieten dort auch eine kleine Gaststube und bei schönem Wetter ein begrünter Hof die Möglichkeit, die Biere zu probieren und eine Kleinigkeit zu essen. Die Bierliste orientiert sich mit Hell und Pils, Doppelbock und Rauchbier mehrheitlich an der deutschen Brautradition. Zudem wird auch ein IPA gebraut sowie eine Blanche mit Bergamotte und schwarzem Pfeffer. Die rund 1000 hl, die Mastro Matto pro Jahr braut, werden überwiegend in der Gastronomie der Region abgesetzt.
Doppio Malto betreibt an einer vierspurigen Strasse im selben Gewerbegebiet, gleich um die Ecke bei der Brauerei Mastro Matto, ein Brauereirestaurant – allerdings ohne eigene Braustätte. Die lichtdurchflutete Halle ist eines von bislang 25 in einer Franchising-Kette organisierten Doppio Malto-Restaurants, die über ganz Italien verteilt sind. Je eines besteht zudem in Paris, St. Etienne und Glasgow. Das Bier wird von Birrificio Doppio Malto in Erba östlich von Como und seit 2020 in einer zweiten, bedeutend grösseren Brauerei in Iglesias auf Sardinien gebraut. Mit einer Jahresproduktion von gegen 60'000 hl gehört Doppio Malto nicht mehr zu den ganz Kleinen. Die 14 verschiedenen Biere auf der im Zeitungsformat gehaltenen Karte decken ein breites Spektrum an Bierstilen ab von Pils und Lager über der verschiedene Ales und IPAs, zu denen auch ein Triple Honey IPA und ein Black Imperial IPA mit einem Alkoholgehalt von 9% gehören, bis zum Chococate Stout. Empfehlenswert sind sie alle! Eine gute Küche mit einer sehr umfangreichen Karte mit Burgern, Pizza, Pasta, Chicken usw. macht diese moderne Bierhalle zu «un posto felice», so die Selbstdarstellung der Restaurantkette.
Birra artigianale auch im Zentrum
Auch im Stadtzentrum gibt es Lokale mit italienischem Craftbier im Offenausschank. Beispielsweise die «Osteria La Mandorla» mitten im historischen Zentrum, unweit der Arena. Die wunderschöne, winzig kleine Bar mit ein paar Tischen auf der Strasse, ist zwar aussen mit «Vini – Liquori» beschriftet und kaum als Bierlokal erkennbar. Die Theke ist aber mit einer Zapfanlage mit sechs Hähnen ausgestattet, aus welchen das Bier der Brauerei Maso Alto aus Lavis im Trentino, rund hundert Kilometer nördlich von Verona fliesst. Wirklich gutes Bier in sehr angenehmer Atmosphäre mitten in der Stadt!
Einige Strassen weiter betreibt Daviz Beer aus Pescheria del Garda am nahegelegenen Gardasee eine Bierhalle mit einer guten Auswahl an eigenem Bier und Burger. Die Aussenplätze befinden sich in einer gedeckten Passage, was ihnen leider in bisschen den Charme einer Unterführung verleiht.
Bierkultur ohne Bierhumpentradition
Wer darauf achtet oder auch mal danach fragt, findet in vielen Restaurants eine kleine Auswahl von «birra artigianale». In den meisten Fällen sind das Flaschenbiere von kleinen italienischen Brauereien. Bemerkenswert ist mitunter die Art, wie solches Bier serviert wird. In einer Gastronomie ohne jahrhundertealte Bierhumpentradition, gibt es schon fast so etwas wie eine Gleichbehandlung von Bier und Wein. Von Kleinbrauereien gebrandete Gläser sehen oft Weingläsern sehr ähnlich. Manchmal kommt das Bier auch einfach in einem Weinglas daher. Da muss dann auch nicht gleich die ganze Flasche rein. Dafür kommt die Flasche mit dem restlichen Bier in einen Eiskübel, damit es schön kühl bleibt. Dies ist sowieso dann der Fall, wenn das Bier nicht in einer 0.33l-Flasche, sondern in einer 7.5 dl-Flasche abgefüllt ist, die man sich am Tisch teilt, was bei italienischen Bieren nicht unüblich ist.
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